Caprotina

Caprotina

Römische Mythologie

Beiname der Juno. Als die Gallier Rom verwüstet hatten, suchten sich die stets eifersüchtigen Nachbarn das Elend der Stadt zu Nutzen zu machen; die Latiner rückten unter Anführung des Postumius Livius aus Fidenä vor Rom und verlangten römische Jungfrauen zur Ehe. Tutela (wahrscheinlich ein ihr erst zum Andenken an diese Begebenheit verliehener Name, die Beschützerin, denn nach Andern heisst sie Philotis), eine Sclavin, gab den Rath, alle ihresgleichen in die Kleider der edlen Frauen und Mädchen zu stecken, und diese so hinaus zu senden; es geschah, und unter dem Vorwand eines Festes zu Ehren der Juno forderten sie von ihren Liebhabern Wein, welcher bald so im Ueberfluss genossen ward, das Alles im tiefsten Schlafe berauscht da lag. Jetzt stieg die Retterin auf einen Ziegenfeigenbaum (caprificus) und gab den harrenden Römern ein Zeichen, hervorzubrechen und die Feinde zu vernichten. Hierauf ward den Mädchen allen die Freiheit geschenkt, der Juno zu Ehren, aber ein Fest gestiftet, das am siebenten Juli gefeiert wurde, wobei der aus dem Ziegenfeigenbaum ausfliessende Milchsaft zum Opfer gebraucht und unter einem solchen Baume von Freien und Sclavinnen zugleich geopfert wurde.


Aus Vollmer's Mythologie aller Völker, Stuttgart 1874