Chiron

Chiron

Griechische Mythologie

Der berühmteste, nach Homer der gerechteste unter den Centauren, auch vorzugsweise der Centaur genannt, Sohn des Saturn und der Philyra, einer Tochter des Oceanus. Um seinen Umgang mit Philyra seiner Gemahlin Rhea zu verbergen, hatte Saturn sich in ein Pferd verwandelt, wesshalb der Spross dieser Umarmung zur Hälfte die Gestalt eines Pferdes hatte. Diess ist jedoch erst spätere Vorstellung und Sage, bei Homer ist von der Rossgestalt der Centauren noch keine Rede. Ch. war mit Chariclo, der Tochter des Apollo oder des Titaniden Perses, vermählt, und hatte von derselben einen Sohn Carystus und zwei Töchter, Ocyrrho (nach Anderen Melanippe) und Ende s, welche Gattin des Königs Aeacus wurde; auch die Nereide Thetis, Peleus' Gemahlin, wird von Einigen für seine Tochter gehalten. Er wohnte auf dem an Heilkräutern reichen Berge Pelion in Thessalien, und es stammte hier das heilkundige Geschlecht der Chironiden von ihm ab. Er ist, von Apollo und Diana selbst unterrichtet, kundig der Jagd, der Heilkunde, der Musik, der Gymnastik, der Weissagung. Hierin unterrichtet er den Heldenknaben Achilles, wie uns zeigt, ebenso den Jason, Aesculap, Actäon, Telamon, Peleus, Theseus, Medeus, Cephalus, Milanion, Nestor, Amphiaraus, Meleager, Hippolytus, Palamedes, Ulysses, Menestheus, Diomedes, Diomedes, Castor, Pollux, Machaon, Podalirius, Antilochus, Aeneas. Ausgezeichnet ist seine Fürsorge für Peleus, seinen Enkel von seiner Tochter Endeis und ihrem Gemahl Aeacus: er rettet ihn aus den Händen der übrigen Centauren, die ihn ermorden wollen, verschafft ihm sein Schwert wieder, das ihm Acastus verborgen hatte, verhilft ihm zum Besitze seiner Gemahlin Thetis, und schenkt ihm auf der Hochzeit eine gewaltige eschene Lanze, die später Achilles führte. Die Argonauten besuchen ihn auf ihrer Fahrt und er begleitet sie mit seinen Segenswünschen. Nach einem so thatenreichen Leben unterlag er dem Schicksal, welches ihm, dem Unsterblichen, den Tod bereitete. Bei dem Streit des Hercules mit den Centauren in der Höhle des Pholus ward Ch., der herbei kam, um Frieden zu stiften, zufällig durch einen vergifteten Pfeil verwundet. Die Schmerzen, welche er litt, bewogen ihn, Jupiter zu bitten, dass er ihn von der Unsterblichkeit befreien möge, welches geschah, indem Jupiter dieselbe an Prometheus übertrug.


Aus Vollmer's Mythologie aller Völker, Stuttgart 1874