Holzweibchen

Holzweibchen

Germ. Mythologie

Im heidnischen Glauben der alten Deutschen spielten weise Waldfrauen eine grosse Rolle, die dann in den Zeiten des Christenthums bald in schreckliche wilde Weiber, bald in neckende, zum Theil auch selbst geneckte Holzweibchen verkehrt wurden. Im Frankenwalde lässt man noch heute bei der Flachsernte drei Hände voll Flachs für die Holzweibchen auf dem Felde liegen: ein Ueberrest älterer, höherer Verehrung. Die Holzweibchen sind klein von Gestalt, grau, ältlich, haarig, in Moos gekleidet, daher sie auch Moosweibchen heissen. Sie nahen sich den Holzhauern und bitten um etwas Essen, holen es auch wohl aus den Töpfen weg, doch ersetzen sie es auf andere Art, nicht selten durch gute Rathschläge; immer aber äussern sie grosse Angst vor dem wilden Jäger, der sie verfolge. Daher hauen die Holzhauer im Voigtlande drei Kreuze in den Stamm, den sie gefällt haben; in diese setzen sich die Holzweibchen und haben hier Ruhe vor dem wilden Jäger, der auf allen seinen Wegen dem Kreuz ausweicht.


Aus Vollmer's Mythologie aller Völker, Stuttgart 1874