Kenresi

Kenresi

Tübet. Mythologie

Der mächtige Ordner und Entwirrer des Chaos, welches seine Verkörperung erst erwärmte und bevölkerte. Nicht von Menschen geboren, sondern von der höchsten Gottheit zum Heile der Welt erschaffen, entsprang er aus dem Kern der Padma-Blume als vollendeter, schöner Knabe, nahm jedoch gleich, seines hohen Zweckes eingedenk, die Gestalt eines Affen an, nannte sich Prasrinpo, nahm die Göttin Kadroma als weiblichen Affen, unter dem Namen Prasrinmo, zur Gattin und bevölkerte mit ihr Tübet, von wo nun die Bevölkerung der ganzen Erde ausging, und wodurch die beiden Affen Prasrinpo und Prasrinmo zu den Ureltern der Tübetaner und des ganzen Menschengeschlechts wurden. Sein Ende als Affe ist unbekannt, doch finden wir ihn in einer zweiten Verkörperung wieder, in welcher er nun auch die durch ihn bevölkerte Welt beherrscht. Er senkte sich nämlich in den Schooss einer Königin, Mangkiabe, der Gemahlin des Beherrschers von Indien; die Mutter setzte das neugeborne Kind, dessen erhabenen Ursprung sie nicht kannte, aus; ein Bauer erzog dasselbe, und so kam Kenresi, zum Jüngling erwachsen, unter dem Namen Gnia-thritz-thengo nach Tübet, ward Lehrer des Volkes, Gesetzgeber, König, führte den Ackerbau ein, civilisirte das rohe Volk, und hinterliess das Reich, das er 91 Jahre regierte, seinen Söhnen,


Aus Vollmer's Mythologie aller Völker, Stuttgart 1874