Wechselbalg

Wechselbalg

German. Mythologie

Die Elfen oder Zwerge entwenden zuweilen wohlgestaltete Kinder aus der Wiege, und legen ihre eigenen hässlichen Kinder, oder gar sich selbst an deren Stelle. Diese untergeschobenen Geschöpfe heissen Wechselbälge. Als Zweck des Wechsels erscheint, dass die Elfen bemüht sind, ihre Art durch das entwendete Menschenkind grösser zu ziehen, welches sie nun bei sich zu behalten meinen, und wofür sie ihr eigenes Kind hingeben. Gegen die Austauschung sichert, dass man einen Schlüssel, oder ein Kleid des Vaters, oder Stahl und Nähnadeln in die Wiege lege. Am wichtigsten ist aber die Art, wie man sich einen Wechselbalg wieder vom Halse schafft. Man muss ihn nämlich durch irgend ein höchst seltsames Vornehmen zum Selbstgeständniss seines Alters, und folglich der geschehenen Vertauschung, bringen, worauf er sich augenblicklich entfernt und das geraubte Kind wieder erscheint, denn die Elfen wollen nichts umsonst haben. Z.B. wenn der Wechselbalg Wasser in Eierschalen über Feuer kochen sieht, so ruft er aus: Nun bin ich so alt wie der Westerwald, und habe doch noch nie in Eierschalen kochen sehen. Nach einem bretagnischen Volksliede sieht ein Wechselbalg die Hausmutter Speise für zehn Hausknechte in einer Eierschale kochen, und spricht: Ich habe das Ei vor der weissen Henne gesehen, und die Eichel vor der Eiche, und nimmer ein solches.


Aus Vollmer's Mythologie aller Völker, Stuttgart 1874