Ahriman

Ahriman

Persische Mythologie

Das böse Princip nach Zerdusts oder Zoroasters Religionssystem. Der ewige, alleinige Gott Zeruane Akerene brachte Licht und Finsterniss, oder Ormuzd und Ahriman, hervor, welche beide unendlich, nur durch sich selbst begrenzt waren. Die beiden Urwesen lebten einsam in ihren Reichen, Ormuzd im Licht, Ahriman in der Finsterniss; da schuf Gott die Welt, damit das Gute im Kampf mit dem Bösen verherrlicht werde, und dieses Letztere durch das Gute untergehe. Der Welt gab er eine Dauer von vier grossen Perioden, eine jede von 3000 Jahren: in der ersten sollte das Licht herrschen, in der zweiten die Finsterniss unter der siegenden Gewalt des Lichtes, in der dritten Ormuzd und Ahriman gemeinschaftlich, in der vierten wieder beide, doch das böse Princip als Sieger den Untergang der Welt, damit aber auch seinen eigenen Untergang bewirkend. Ormuzd schuf im ersten Weltalter alles Sichtbare, durch die Sinne Wahrnehmbare. Ahriman stellte derselben eine furchtbare Schöpfung der Finsterniss entgegen; doch selbst im Zweifel über seine Stärke, wagte er im ganzen ersten Zeitraum keinen, und, selbst aufgefordert von seinen bösen Genien, auch im zweiten noch nicht einmal einen Kampf, wozu er sich erst am Ende desselben stark genug fühlte und dem Himmel Krieg bot; er drang selbst, doch allein, in diesen Himmel ein, ward aber, von Entsetzen ergriffen, auf die Erde herabgestürzt, kam bis in ihren Mittelpunkt, tödtete den Urstier, verunreinigte das Feuer durch Rauch und Dampf, verheerte mit seinen Genossen Alles gänzlich, und stürzte Alles in finstere Nacht, bis er durch Ormuzd und die Fervers, d.h. die von Gott geschaffenen, geistigen Vorbilder, die Ideale vollkommener Menschen und Dinge, zurückgeschlagen und in den Abgrund der Verdammniss gestürzt war. Dennoch raffte sich Ahriman wieder auf, drang vor bis zur Erde und machte sie zu seinem Wohnsitz. Jetzt beginnt die dritte Periode, während welcher Gutes und Böses gleich getheilt herrscht; jedem guten Geschöpf des Ormuzd setzt Ahriman ein böses entgegen, nur dem Urmenschen Kajomorts vermag er nichts entgegen zu setzen, daher er ihn mit allen seinen Kräften angreift und nach einem dreissig Jahre dauernden Kampf überwindet, darauf die ersten Menschen Meschia und Meschiane verführt. Im vierten Weltalter gewinnt er die Obergewalt, lässt einen Cometen auf die Erde herabstürzen, welcher sie in Brand setzt und in einen glühenden Metallstrom verwandelt, der hierauf in den Abgrund Duzakh, Ahrimans Reich, hinabfliesst und ihn völlig ausbrennt, ein Loos, das dann zuletzt auch Ahriman und seine bösen Geister trifft. Hiermit wird das Reich der Finsterniss zum Reiche des Lichts, die bösen Geister werden rein gebrannt, sie erscheinen mit Ahriman an Ormuzds Seite vor dem Throne Gottes; die sündhaften Menschen, gleichfalls gereinigt, bewohnen die gereinigte, hell strahlende Erde, das Gute herrscht allein.


Aus Vollmer's Mythologie aller Völker, Stuttgart 1874