Bali

Bali

Indische Mythologie

Ein mächtiger Beherrscher Indiens, welcher im zweiten Zeitalter regierte, und weil er ein grosser Weiser und Schüler der Sakra war, auch den Namen Mahabeli Sakrawati führt. Er stammte aus dem Geschlechte der Erunien und Eruniakschen, war ein Enkel des Pragaladen und wird für identisch mit Baali gehalten. Bali war ein Günstling Brama's, und eroberte durch dessen Hülfe die ganze Erde, ja er hätte den Himmel erobert, wenn Wischnu nicht dem Sonnengotte Indra zu Hülfe gekommen wäre. Bali erkannte seine Nichtigkeit, ward demüthig und fromm, und bat Wischnu, seine Kniee umfassend, stets in seiner Nähe bleiben zu dürfen, welche Bitte der Gott erhörte, auch machte er ihn zum Beherrscher der Unterwelt, welche nach ihm Balisatma heisst. Sein beständiger Wohnsitz ist nun diese Unterwelt; doch ist während der kalten Jahreszeit Brama, die schaffende Kraft, bei ihm, während der heissen, die Alles tödten würde, ist Wischnu sein Beistand; der Erhalter und der Zerstörer Schiwa tritt an seine Seite, während der Regen Alles überschwemmt; da aber Schiwa, Wischnu und Brama eine und dieselbe Gottheit ist, so hat er Wischnu stets in seiner Nähe. Sein grosses Fest, das unter lautem Jubel begangen wird, fällt in den September, in welchem auf Malabar der Frühling beginnt. In den Ruinen von Mawalipuram, und in dem Flusse Mawaliganga glaubt man seinen Namen zu erkennen und glaubt, dass Bali eine halb historische Person, ein mächtiger Eroberer sei. Verwandt mit dem eben genannten, oder gar mit ihm identisch, ist Bali, der König der Affen, eine Verkörperung des Gottes Indra, der Sonne. Hanuman, der frühere Affenkönig, wird durch Bali vom Throne gestossen und klagt diess dem Schri Rama (Wischnu in einer Menschwerdung), als er auf seinem Heereszuge gegen Rawana zu ihm kommt; Schri Rama tödtet Bali, und setzt Hanuman wieder in sein Reich. Bali aber, der Wischnu erkannt und sich demüthig gegen ihn gezeigt hat, steigt entsündigt in das Paradies. In einer spätern Menschwerdung erscheint Wischnu als Krischna, und dort wird der Tod des Bali durch den Jäger Jura, eine Wiedergeburt des Bali, gerächt, indem Jura einen Pfeil auf die leuchtenden Zeichen unter den Fusssohlen des schlafenden Gottes schiesst, und ihn tödtet.


Aus Vollmer's Mythologie aller Völker, Stuttgart 1874