Baal

Baal

Syr.-phönic.-babyl. Mythologie

Ursprünglich bloss Name für Herr, und im weitern Sinne der höchste Beherrscher der Welt, König des Himmels und vorzugsweise Sonnengott. Ueber seine Verehrung in Babylon haben wir durch griechische Schriftsteller, die den Namen in der Form Belus auffassten, manche Nachrichten erhalten, während wir über seine Anbetung in Phönicien fast nur auf die Angaben des alten Testamentes beschränkt sind. Der Hauptsitz der Verehrung dieses Gottes war in Phönicien Tyrus, und die Phönicier verbreiteten dessen Cultus über ganz Kleinasien, Carthago und alle anderen Colonien, vornehmlich auch nach Sicilien und Sardinien. In Sicilien ist der bekannte Stier des Phalaris gewiss nur ein letzter Ausläufer des vor der griechischen Colonisation hier herrschend gewesenen und vornehmlich durch Menschenopfer gefeierten Baal-Dienstes. Aus Sardinien soll der Name sardonisches Gelächter für ein krampfhaftes Lachen in dem Sinne herstammen, dass man ursprünglich die Gesichtsverzerrungen der unglücklichen Schlachtopfer, während sie den Feuertod erlitten, als Lachen deutete, um die Vorstellung des Schrecklichen von dem Gottesdienste fern zu halten. Dass die Carthager bis an's Ende ihres Staates Menschenopfer beibehielten, ist natürlich auch bloss Folge davon, dass der Dienst des Baal als erster und heiligster, von ihren Stammeltern, den Phöniciern, auf sie übergegangen war. Da Baal Herr, Moloch König bedeuten und die Verehrung dieser beiden Götter gleicher Weise aus Phönicien gemeldet wird, so ist sicher anzunehmen, dass sie wesentlich Eins sind. (S. Moloch.) Ein grässliches, stierköpfiges Bild, von Erz gegossen, mit empor gestreckten Armen, um die Opfer zu empfangen, sollte den Baal vorstellen; es war hohl, und hatte vor der Brust eine Oeffnung, gross genug, um ein Kind hinein fallen zu lassen. Das Götzenbild ward glühend gemacht, und das arme Geschöpf, welches dem Ungeheuer bestimmt war, auf die Arme des Götzen gelegt; die Mutter des Kindes musste bei dem Opfer zugegen sein und in die freudigen Gesänge der roth gekleideten Priester, welche um den Altar her tanzten, einstimmen. Die schmerzhaften Zuckungen des Kindes wurden für Wonne ausdrückende Geberden gehalten; durch seine eigenen Bewegungen rollte es endlich in den glühenden Schlund des Ofens hinab. Um das fürchterliche Schauspiel weit umher sichtbar zu machen, waren die Opferstätten gewöhnlich auf Bergen angelegt.


Aus Vollmer's Mythologie aller Völker, Stuttgart 1874