Griwale

Griwale

Lettische Mythologie

Der heilige Stab der alten heidnischen Preussen, dessen sich die Oberpriester bedienten, um mit demselben seine Befehle verkünden zu lassen. Er ward dem in die Lande des Griwe gesandten Priester als Creditiv mitgegeben, und wo er erschien, wurde er beinahe selbst göttlich verehrt, wenn er gleich nur das Zeichen eines göttlich Verehrten war. Wie dieser Gebieterstab ausgesehen, weiss man nicht, doch hat sich aus jenen fernen Zeiten her der Gebrauch bis jetzt fortgepflanzt; indessen rührt der Krummstab der christlichen Bischöfe ohne Zweifel von dem Hirtenstabe her, welchen die Hirten der Kirche zu ihrem Symbol wählten. Gewöhnliche Befehle lässt der Schultheiss in preussisch Litthauen durch einen Knecht ansagen; wenn er jedoch um einer wichtigen Sache willen die Gemeinden versammeln will, so schickt er den Griwale (so heisst er noch jetzt) zum ersten Nachbar, dieser schickt denselben sogleich weiter u.s.f., bis der Letzte ihn dem Schultheiss zurück gibt. Auf eine Vorladung mittelst dieses Amtszeichens bleibt Niemand aus. Wahrscheinlich ist der ganze Gebrauch noch aus den alten heidnischen Zeiten übrig geblieben.


Aus Vollmer's Mythologie aller Völker, Stuttgart 1874