Amphitryon oder Amphitruo

Amphitryon oder Amphitruo

Griechische Mythologie

Sohn des Alcäus und der Hipponome, ein Nachkomme des Perseus, zeichnete sich schon in seiner Jugend durch Heldenmuth und männlichen Ernst aus und kam seinem Oheim Electryon zu Hilfe, als diesem die Söhne des Pterelaus, Königs der Telebo r, seine Heerden wegtrieben und ihn mit Krieg überzogen. Electryon versprach dem Amphitryon hiefür die Hand seiner Tochter Alcmene und sein Königreich. Siegreich kehrte Amphitryon aus dem Kampfe gegen die Teleboer zurück, und Electryon ging dem Freunde welcher die wiedergenommenen Rinder vor sich hertrieb freudig entgegen. Da geschah es, dass eines der Thiere aus den Reihen sprang; Amphitryon warf mit seiner Keule nach demselben, diese prallte aber von den Hörnern ab, und erschlug den Electryon. Dieser unvorsätzliche Mord vertrieb den Amphitryon aus Tiryns, und er floh nebst seiner Gattin Alcmene nach Theben zu Creon, dem Bruder seiner Mutter. Dieser nahm sie freundlich auf, und verhiess dem Amphitryon Beistand, wenn er zuvor die Gegend von Theben von dem wüthenden teumessischen Fuchse, den der erzürnte Bacchus zur Verheerung des Landes gesandt hatte, befreit (haben würde. Der Fuchs war jedoch so schnell, dass diese Aufgabe nur mit Hülfe des Hundes des Atheners Cephalus, dem nichts zu entgehen im Stande war, vollführt werden konnte. Amphitryon holte denselben daher von Cephalus ab, bewog diesen, an der Jagd Theil zu nehmen; und nach langem Laufen war der Hund daran, den Fuchs einzuholen, als die Götter beide in Stein verwandelten. Nach anderer Sage versetzte Jupiter beide Thiere unter die Gestirne. Nunmehr begann der Krieg gegen die Telebo r, in welchem Amphitryon zwar Vortheile, aber keinen vollständigen Sieg errang, bis Comätho, des Pterelaus Tochter, aus Liebe zu dem Helden, ihm durch Ermordung des eigenen Vaters half. Das Leben dieses Letztern hing nämlich an einem goldenen Haare, welches unter den übrigen auf seinem Haupte wuchs und Comätho riss dieses aus, wofür Amphitryon sie hinrichten liess, und von seinem Siege nur Gebrauch machte, um das Land seinem Gefährten Cephalus zu schenken, für sich aber nichts behielt, als einen goldenen Becher, welcher von Neptun stammte, dessen Enkel Pterelaus war. Noch nicht vom Morde des Electryon gereinigt, und in Krieg verwickelt, hatte Amphitryon bisher nicht gewagt, seine Gattin Alcmene zu berühren; diese war aber von so wunderbarer Schönheit, dass Jupiter sich in sie verliebte, und da er nicht hoffte, durch seine Verführungskunst ihrer Meister zu werden, nahm er die Gestalt ihres Gatten an, und brachte so die Botschaft von dem Siege über Pterelaus in das Haus des Amphitryon, wo er mit Alcmene eine Nacht zubrachte, die er zu drei Nächten verlängerte. Einen Tag später kam der wirkliche Amphitryon, und war erstaunt, als er von seiner Gemahlin nicht wie ein Neuangekommener begrüsst wurde, bis ihm der Seher Tiresias über das Vorgefallene die Augen öffnete. Alcmene gebar von Jupiter den Hercules, und von Amphitryon dessen Zwillingsbruder Iphicles. Amphitryon begleitete den jungen Hercules auf seinem ersten Feldzuge gegen die Orchomenischen Minyer, denen die Thebaner zinsbar waren, eine Schmach, welcher Hercules seine Vaterstadt nicht länger unterworfen wissen wollte und hier war es, wo Amphitryon auf dem Schlachtfelde blieb.


Aus Vollmer's Mythologie aller Völker, Stuttgart 1874