Hercules: Zwölfte Tat

Griechische Mythologie

Hercules: Zwölfte Tat

Griechische Mythologie

Von Libyen zum Atlas ging nun Hercules über Aegypten, durch ganz Asien, von da nach Arabien, von da nach dem Kaukasus, und nun zu den Hyperboreern am Atlas, an der weitlichen Grenze des Oceanus. Ueber Aegypten herrschte damals Neptuns Sohn Busiris; dieser opferte, einem Orakelspruch zu Folge, alle Fremden dem Jupiter und so sollte es Hercules auch gehen; er aber zerriss am Altare seine Bande, erschlug Busiris, dessen Sohn Amphidamus, den Herold Chalbes, opferte den Erstem dem Zeus, und schaffte hiemit die Menschenopfer ab. Hierauf durchzog er Asien, und kam dann nach Arabien, tötete den Emathion, Sohn des Tithonus, gelangte zum Kaukasus, tötete den Adler, der täglich die Leber des Prometheus zu verzehren kam, befreite den Titanen, stellte für ihn einen andern Unsterblichen, den Chiron, welcher, durch die vergiftete Pfeilwunde gequält, sich den Tod wünschte, und kam endlich zum Atlas, zu den Hyperboreern. Dort gab ihm der befreite Prometheuß den Rath, die Aepfel nicht selbst zu holen, sondern diese dem Atlas zu übertragen, welcher, auf dem Gipfel des Gebirges stehend, den Himmel trug. Der Greis fand sich dazu willig, wenn Hercules, bis er zurückkomme, an seine Stelle treten wolle, was auch geschah, worauf Atlas drei der goldenen Aepfel holte.
Allein nun wollte er selbst sie zu Eurystheus bringen, und Hercules stehen lassen; dieser schien sich in sein Schicksal zu ergeben, und sprach, wenn er denn einmal bestimmt dazu sei, wolle er sich es wenigstens bequem machen, und sich ein Polster unter das Knie legen, auf welchem er ruhete. Atlas unterstützte nun den Himmel, bis Hercules dies gethan hätte; dieser aber nahm, sobald der Greis wieder an seinem Posten stand, die Aepfel, und ging mit ihnen davon. Eurystheus überliess sie dem tapfern Sohne Jupiters, dieser schenkte sie der Minerva, welche sie an den vorigen Ort zurückbrachte.

Hercules: Zwölfte Tat 150Fig. 150 Geryon; die Aepfel der Hesperiden; der Kampf mit den Centauren
Um den Cerberus aus der Unterwelt heraufzuholen, ließ sich Hercules zuerst vom Morde der Centauren entsündigen, dann in die eleusinischen Geheimnisse aufnehmen, und ging nun zur Unterwelt, die er in Laconien, bei der Stadt Tänarus, durch eine Höhle betrat. Alle Schatten, ausser dem des muthigen Meleager und der Gorgone Medusa, entflohen; gegen Letztere zog Hercules das Schwert, bis Mercur ihm sagte, dass es ein blosses Phantom sei. An den Pforten des Hades fand er Theseus und Pirithous, welche Proserpina hatten rauben wollen, und dessbalb an einen Felsen mit dem Hinterteil angewachsen waren. Sie streckten nach Hercules die Hände aus. Den Theseus erhob der Halbgott mit Zurücklassung eines Theiles von seinem Gesäße, aber als er die Hand auch nach Pirithous ausstreckte, erbebte die Erde. Den Stein, den Ceres auf den Ascalaphus gewälzt, als dieser verrathen, dass Proserpina bereits mit Pluto einen Granatapfel gegessen, wälzte Hercules von dem Frevler ab, doch verwandelte Ceres ihn in eine Nachteule; eines der Rinder des Pluto schlachtete er auch, um die Seelen mit Blut zu tränken, und brach dem Menötius, der diess ihm wehren wollte, die Rippen entzwei, worauf ihn Proserpina losbat. Nun sagte er dem Pluto seinen Auftrag, und dieser erlaubte ihm, denselben zu vollziehen, wenn er es ohne Waffen tun könne. Nur mit der Löwenhaut bedeckt, umschlang der Held das dreiköpfige Ungeheuer, und trotz der Bisse des Drachens, in den sein Schwanz endigte, brachte er es doch ans Tageslicht, was dem Cerberus so entsetzlich war, dass er aus allen drei Rachen spie, wovon die Giftpflanze Aconitum erwuchs dann zeigte er ihn dem Eurystheus und brachte ihn zum Hades znrück.


Aus Vollmer's Mythologie aller Völker, Stuttgart 1874

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