Potrimpos

Potrimpos

Lettische Mythologie

Eine hohe Gottheit der Litthauer und alten Preussen vor der Eroberung des Landes durch den deutschen Orden; die zweite Person in der nordischen Trias: Perkunos, Potrimpos und Pikollos. Er war der Glückbringende im Kriege, wie im Frieden der Spender der Fruchtbarkeit, des Segens der Felder und des häuslichen Glücks. Sein Bild war in einer Nische des heiligen Eichbaums zu Romowe aufgestellt; dem Perkunos zugewendet und ihn lächelnd anschauend, schien es die Gestalt eines freundlichen Jünglings vorzustellen, so weit die damals in ihrer ersten Kindheit stehende Kunst es vermochte. Wie Perkunos ein Gott des erwärmenden und vernichtenden Feuers, so war Potrimpos ein Gott des befruchtenden und zerstörenden Wassers; ihm wurden Aehren, Getreidegarben und Weihrauch geopfert, sein Haupt war mit Aehren geschmückt; doch nicht immer war er mit so unblutigem Dienst zufrieden, und viele Kinder wurden dem Blutliebenden geschlachtet und in brennendem Wachs zu Asche verbrannt. In einer grossen irdenen Urne ward eine Schlange zu seiner Ehre genährt und immer unter Aehren verborgen gehalten, daher war die Schlange überhaupt bei den Preussen ein geheiligtes Thier; Krieger, welche zum Kampfe auszogen, erblickten in einer ihnen begegnenden Schlange den Gott Potrimpos selbst, hofften auf seinen Beistand und waren nun unbesiegbar. Wenn ihm ein grosses feierliches Opfer gebracht werden sollte, mussten die Priester drei Tage lange auf der blossen Erde liegen, fasten und häufig Wachs und Weihrauch in die Flammen streuen. Besondere Oerter, Seen und Wälder scheinen ihm nicht geweihet gewesen zu sein, auch findet sich keine deutliche Spur von der Verbreitung seines Dienstes in andere Länder; man müsste denn mit Mone annehmen, dass er mit dem in Upsala angebeteten priapischen Feldgott Friggo Eine Person sei, wofür jedoch gar zu wenig Wahrscheinlichkeit vorhanden ist. Möglich scheint übrigens, dass Potrimpos eine weibliche Gottheit und des Donnerers Gattin war, wenigstens wollen einige neuere Geschichtsforscher dieses behaupten; sie suchen in ihm die Mutter der Götter, deren Tacitus, als bei den Aesthyern hoch verehrt, gedenkt.


Aus Vollmer's Mythologie aller Völker, Stuttgart 1874