Pikullos

Pikullos

Pikollos, Potollos, das zerstörende Princip, die dritte Person der göttlichen Trias bei den Litthauern oder alten heidnischen Preussen. Wie Potrimpos das erhaltende, so war er das vernichtende Wesen, denn wie in der indischen Mythologie, scheint auch hier Erschaffen, Erhalten und Zerstören durch die drei Gottheiten Perkunos, Potrimpos und Pikollos (auch Perkullus), personificirt zu sein. Es stand ein Bild dieses Gottes zu Romowe in einer Nische des Stammes der heiligen Eiche, welche die Bilder aller drei Götter trug. Er war abgebildet als ein alter bärtiger Mann mit bleichem Gesicht, das Haupt mit einem weissen Tuche verbunden; drei Todtenköpfe, eines Menschen, eines Pferdes und eines Stiers, waren seine Sinnbilder. Ihm wurden Menschen, Schafe, Pferde, Kinder, Böcke geopfert und ihr Blut am Fusse der heiligen Eiche ausgegossen, wodurch, wie man behauptete, ihr immerwährendes Grünen bewirkt wurde. Vor seinem Bilde brannte ein Topf mit Talg. Potrimpos war geliebt, Pikullos aber gefürchtet; er verlangte von seinen Verehrern immer das Theuerste, quälte die Menschen, und ihre Angst war seine Freude. War bei einem Edeln ein Hausgenosse gestorben, so musste ihm alsbald geopfert werden; war Jemand nachlässig, so ward er durch Schrecken oder fühlbare Qualen an seine Schuld erinnert, unterliess er es dennoch bis zum dritten Tage, so war des Gottes Zorn nur durch Blut zu versöhnen. Auch an denen übte er seine grosse Macht, die überhaupt im Opfern karg gewesen, die des Griwe Gebote nicht befolgt, oder des Gottes Willen verachtet hatten. Das ganze Land war durchsäet mit ihm geheiligten Orten, überall brannten unaufhörlich Opfer zur Versöhnung seines Zornes, zur Abwehr seiner Strafen; noch jetzt findet man eine grosse Menge Orte, welche seinen Namen tragen: Pokellen, Pachollen, Patullen, Potollen, Pachullen etc. Bei andern Völkern scheint er nicht angebetet worden zu sein, obwohl es weder an scharfsinnigen, noch unsinnigen Zusammenstellungen und Vergleichen mit dem Pluto, dem Monde, dem Loke, der Hel und dem Odin der Skandinavier gefehlt hat.


Aus Vollmer's Mythologie aller Völker, Stuttgart 1874